Die neue Regierungskoalition will Cannabis endlich kontrolliert abgeben. Das begrüßen wir, denn nach jahrelanger Kriminalisierung und Repression von Hanffreund:innen ist dieser Schritt längst überfällig. Selbst wir Pirat:innen blieben nicht verschont: Strafanzeigen und eine Durchsuchung wegen Hanfsamenvogelfutter waren Höhepunkte.

Diese Repression nähert sich nun einem möglichen Ende. Die Ampelkoalition schreibt im Koalitonsvertrag: “Wir führen die kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften ein.” Ende gut, alles gut? Noch nicht! Der Koalitionsvertrag muss nicht nur umgesetzt werden, sondern bietet in der Wortwahl nach unfassbar viel Spielraum: So fehlt das Wort Legalisierung vollständig, auch wenn wir davon ausgehen, dass Cannabis aus dem Betäubungsmittelgesetz gestrichen wird. Verstöße werden dann wohl nur als Ordnungswidrigkeit geahndet. Dennoch gibt es einige Pferdefüße.

Die “lizensierten Geschäfte” werden nicht näher beschrieben werden: Fachgeschäft, Cannabis-Social-Club oder Coffeeshop? So ist es denkbar, dass eine Lizenz unerschwinglich teuer ist oder jahrelange Schulungen benötigt werden. Das bremst den Prozess, den Cannabishandel in einen regulierten Markt zu überführen, sinnlos aus.

Uns ist es wichtig, dass die Ampel nicht ähnliche Fehler wie die Niederlande begeht und die Lieferkette weiter im Schwarzmarkt belässt oder diesen durch zu hohe Steuern nicht genügend austrocknet; das würde weitere Kriminalität, fehlenden Verbraucher:innenschutz und Gewalt nach sich ziehen. Eine weitere schnelle und effiziente Möglichkeit ist die Legalisierung des Eigenanbaus, was unbürokratisch und mit lockerer Regulierung möglich sein muss.

Zusätzlich muss die Kriminalisierung der Konsument:innen über die Verkehrssicherung aufhören. Wie bei Alkohol soll zwischen nachweisbaren Mengen von Cannabinoiden und deren Abbaustoffen und tatsächlicher Beeinflussung der Fahrtüchtigkeit differenziert werden. Hier ist es wichtig, die Fahruntüchtigkeit wissenschaftlich zu untersuchen und sinnvolle Grenzwerte festzulegen.

Als positiv erachten wir die im Koalitionsvertrag angekündigten Modelle zum Drug-Checking, also der Qualitätssicherung der verkauften Substanzen um Schäden bei den Konsument:innen zu vermeiden. Außerdem begrüßen wir die Werbungseinschränkungen für Alkohol, Nikotin und Cannabis.

Die Einnahmen durch die Legalsierung – z.B. durch die Cannabissteuer – müssen vollständig in die Suchtprävention fließen. Sucht muss als Krankheit ernstgenommen werden und Menschen mit problematischen Konsumverhalten brauchen Hilfe, ohne Angst vor Repressalien haben zu müssen. Strafverfolgung ist an dieser Stelle nicht zielführend.

Wir freuen uns über den begonnen Weg und fordern eine effektive Entkriminalisierung von Cannabisanbau und -besitz in den nächsten 100 Tagen!

2 Gedanken zu „Kontrollierte Cannabisabgabe? Aber bitte richtig!“

  1. Habt Ihr ev. nähere Erkenntnisse zu den Steuern? Bin zwar ein jurist. Laie aber nach Art. 105 Abs 3 GG und diversen Erläuterungen sieht es so aus, als wäre es ein Zustimmungsgesetz (Bundesrat muss zustimmen) wenn die Steuern an Länder oder Gemeinden gehen, aber nur ein sog. Einspruchsgesetz (Bundesrat darf rumblubbern) wenn dem nicht so ist. (also ev. die Steuern komplett an den Bund gehen)
    Wäre ev. sehr wichtig, wie man eine Sabotage der CDU verhindern kann, noch bevor sie (hoffentlich) durch weitere Landtagswahlen versenkt wid.
    Mit freundlichen Grüßen, Ulf Blendow.

    1. Ohne spezielle Expertise scheint es wahrscheinlich, dass die Steuer eine Verbrauchssteuer wird(Art. 106 Abs. 1 Nr. 2 GG) und damit der Bund alleinige Steuergewalt hat – der Bundesrat kann nicht intervenieren. Aber wie von dir erwähnt unter der Prämisse, dass die Steuern allein an den Bund gehen – was fast garantiert ist.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.